Reaktivierung von Bahnstrecken und On-Demand-Verkehr Stellvertretende Ministerpräsidentin Julia Willie Hamburg auf Sommerreise in der Region
Die stellvertretende niedersächsische Ministerpräsidentin Julia Willie Hamburg besuchte auf ihrer Sommerreise den Regionalverband Großraum Braunschweig. Zwei Themen ließ sie sich von den Experten für den ÖPNV ausführlich erläutern. On-Demand-(auf Bestellung)-Verkehr, der in der Region flexo heißt, und die Strecken-Reaktivierung bzw. Verlängerung der Bahnstrecke von Salzgitter-Lebenstedt nach -Lichtenberg.
Verbandsvorsitzender Detlef Tanke dankte dem Land für seine bisherige Unterstützung, nutzte aber auch die Gelegenheit, um einige paar dringliche Wünsche zu adressieren. Er wies darauf hin, dass Niedersachsen Schlusslicht bei den finanziellen Ausgaben für den ÖPNV sei. Nur 22 Euro pro Kopf gab das Land Niedersachsen im vorigen Jahr für den ÖPNV, Hessen beispielsweise gab 66 Euro pro Kopf aus und führt das Länderranking an. „Da ist noch viel Luft nach oben.“ Vor allem den Busverkehr müsse das Land finanziell mehr unterstützen. Derzeit würde dieser fast vollständig von den Kommunen finanziert, auch RegioBus-Linien. „Wir alle wollen eine Verkehrswende, wenn aber gerade in ländlichen Räumen die Angebote des ÖPNV aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten zurückgefahren werden, kann diese nicht gelingen. Was wir brauchen, sind konstante finanzielle Mittel des Landes für den ÖPNV-Betrieb, nicht nur Infrastruktur und Anschubfinanzierungen.“
Julia Willie Hamburg, auch Mitglied im Aufsichtsrat der Volkswagen AG, hatte sich bewusst Mobilitätsthemen für ihre Sommerreise ausgesucht und ließ sich von Fritz Rössig, Abteilungsleiter Verkehr beim Regionalverband, das On-Demand-System flexo erklären, bevor sie eine kleine Runde den Kleinbus selber fuhr. Sie betonte, wie wichtig für sie Praxis-Erkenntnisse vor Ort seien, die sie auf ihrer Sommerreise erfahren.
flexo wird in kleinräumigen Gebieten als zusätzliches ÖPNV-Angebot eingesetzt und dient in vielen Fällen als Zu- / Abbringer von Bahn- oder RegioBus-Haltestellen. Seit Start im Dezember 2021 sind mehr als 180.000 Fahrgäste in sieben Gebieten der Region mit flexo gefahren. Das Besondere an der komplexen Dispositionssoftware sei, dass diese vorhandene Linienangebote berücksichtige und nur dann eine Fahrt buchbar sei, wenn parallel kein Linienangebot vorhanden ist, erläuterte Rössig. flexo wurde mit Fördermitteln eingeführt, auch für den Weiterbetrieb und Ausbau des Angebots setzen der Regionalverband und die Kommunen auf die weitere Unterstützung des Landes. Zudem müsste der On-Demand-Verkehr weitergedacht werden, wie er in eine Gesamtstrategie ÖPNV integriert werden könne.
„Unsere Region eignet sich mit seiner Verknüpfung aus ländlichen Räumen und städtischen Strukturen hervorragend als Modellregion für die Mobilitätsgarantie“, wirbt Tanke um die weitere Landesförderung. „Mit unserem flexo zeigen wir, wie wichtig ein gut ausgewogener Mobilitätsmix ist.“ Natürlich brauche es eine Antriebswende hin zu mehr Elektrifizierung des Autoverkehrs. „Aber vor allem braucht es auch gute, öffentliche Mobilitätsangebote. Die meisten Busunternehmen in der Region steigen ebenfalls nach und nach komplett auf Elektro-Mobilität um. Das beweist, dass Elektro-Mobilität nicht nur etwas für Städte ist, sondern auch auf dem Land immer mehr angewendet werden kann.“
Axel Gierga, Geschäftsführer der KVG Braunschweig, erläuterte wie die E-Bus-Flotte eingesetzt wird und die Ladung funktioniert. „Aktuell sind 21 Busse der KVG-Flotte elektrisch angetrieben, 16 weitere sind noch in diesem Jahr im Zulauf. Dazu kommen 24 weitere in den Jahren 2024/25. Bis 2030 sollen rund die Hälfte aller neuen Busse mit alternativem Antrieb ausgestattet sein. Ab 2030 wird die KVG keine Dieselbusse mehr kaufen. Dementsprechend wird die Ladeinfrastruktur auf den Betriebshöfen stetig ausgebaut. Auch der geplante Neubau des Betriebshofes in Salzgitter-Lebenstedt wurde entsprechend der Anforderungen an alternative Antriebe geplant und ist komplett auf die wachsende E-Busflotte ausgerichtet. Bis 2026 soll der Bau abgeschlossen sein.“
Das Thema Streckenreaktivierung von Bahnstrecken veranschaulichte Detlef Haßelmann, Teamleiter beim Regionalverband, anhand des Beispiels der Strecke von Salzgitter-Lebenstedt nach -Lichtenberg. Wieviel der alten Trasse ist vorhanden, was muss neu gebaut werden, welche Herausforderungen gibt es und wie lassen sich diese zur Zufriedenheit aller Beteiligten lösen?
Auf 3,4 km soll die Strecke reaktiviert bzw. erneuert werden, so dass sie bis nach Salzgitter-Lichtenberg und damit bis zum Wasserstoff Campus geführt wird. Dadurch werde ein zusätzliches Fahrgastpotenzial erreicht, erläuterte Haßelmann. Die Investitionskosten beliefen sich -Stand heute- auf rund 18 Mio. Euro, darin sei ein neuer Kreuzungsbahnhof in Salzgitter-Watenstedt enthalten. Der sei notwendig, um die Strecke im Halbstundentakt zu befahren.
Reaktivierungen seien ein wichtiges Thema im ÖPNV, aber nicht das Einzige, fügte Detlef Tanke an. Bei finanziellen und personellen Kapazitäten müsse auf die richtige Priorisierung geachtet werden, so dass auch für andere wichtige ÖPNV-/Mobilitätswende-Projekte, so auch für den Bahnbetrieb etwas übrigbliebe. Ohne die Ausfinanzierung des Betriebs nütze die beste Infrastruktur nichts.
Die stellvertretende Ministerpräsidentin betonte, dass gerade das Thema Mobilität in Niedersachsen und in ihrer Koalition eine sehr wichtige Rolle spiele und die damit verbundene Frage, wie möglichst alle Menschen, egal ob in der Stadt oder im ländlichen Raum, an einem guten ÖPNV teilhaben könnten. Dafür seien die Erfahrungen mit den On-Demand-Verkehren sehr hilfreich.
-Pressemitteilung des Regionalverbandes Großraum Braunschweig vom 31.08.2023